Diabetes ist eine Stoffwechselstörung, bei der die Blutzuckerwerte über den Normalwerten liegen. Für das Auftreten der Krankheit sind mehrere Gene verantwortlich, die bei allen Diabetes-Typen an die nachfolgende Generation weitergegeben werden können. Die Wahrscheinlichkeit einer Vererbung unterscheidet sich jedoch deutlich zwischen den Diabetes-Typen 1 und 2.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Grundsätzlich ist Diabetes vererbbar. Die Wahrscheinlichkeit einer Vererbung ist vom Diabetes-Typ abhängig.
- Die Wahrscheinlichkeit einer Vererbung ist bei Typ-2-Diabetes deutlich ausgeprägter als bei Typ 1.
- Für die Vererbung von Diabetes sind mehrere Stoffwechsel- und Diabetesgene verantwortlich.
- Exogene Faktoren beeinflussen die Manifestation der Krankheit.
- Nach aktuellen medizinischen Erkenntnissen ist Diabetes nicht übertragbar, wenn kein genetischer Austausch erfolgt.
Diabetes Typ 1 und 2 im Überblick
Diabetes Typ 1 wird meist bereits im Kindes- oder Jugendalter entdeckt. Durch eine Autoimmunreaktion vernichtet der Körper seine eigenen Bauchspeicheldrüsenzellen. Diese sind für die Produktion des Hormons Insulin zuständig. In vielen Fällen wird in der Folge überhaupt kein Insulin mehr produziert.
Diabetes Typ 2 tritt erst im Erwachsenenalter auf. In diesem Fall erfolgt die Insulinproduktion ohne Einschränkungen und das Hormon ist in ausreichender Menge vorhanden. Durch eine Insulinresistenz nimmt jedoch die Empfindlichkeit der Körperzellen gegenüber Insulin ab. Dadurch ist die Wirkung des Hormons deutlich eingeschränkt.
Welcher Diabetes-Typ ist vererbbar?
Grundsätzlich sind beide Diabetes-Typen vererbbar. Der Medizin sind in diesem Zusammenhang vielfache genetische Indizien und Marker im Blut bekannt. Es handelt sich dabei um eine multifaktorielle Vererbung, bei der verschiedene Stoffwechsel- und Diabetesgene miteinander interagieren und die Krankheit auslösen. Konkret sieht die Medizin vier Gene als diabetogen an.
Die Anzahl und Kombination der vorhandenen Gene beeinflussen, wann und ob die Zuckerkrankheit auftritt. Diabetes Typ 3 MODY unterliegt einem autosomal dominanten Erbgang. In diesem Fall sind bestimmte, einzelne Gene für das Aufkommen der Zuckerkrankheit verantwortlich. Sind diese vorhanden, ist das Risiko für die Zuckerkrankheit sehr hoch. Dafür zeichnet sich dieser Diabetes-Typ durch milde Krankheitsverläufe aus.
Bei einer genetischen Beratung werden unter anderem folgende familiäre Umstände mit Ihnen abgeklärt:
- Sind beide Elternlinien und/oder Geschwister von Diabetes betroffen?
- Welcher Diabetes-Typ tritt in Ihrer Familie auf?
- Wie hoch war Ihr eigenes Geburtsgewicht und das Ihrer Geschwister?
Neben genetisch festgelegten Faktoren beeinflussen auch exogene Umstände, ob sich die Zuckerkrankheit bei Ihnen manifestiert. Dazu zählen beispielsweise eine bestehende Adipositas bzw. Fettsucht oder eine Belastung des Stoffwechsels durch Infektionen. Auch Ihre Ernährung und Bewegung beeinflussen die Wahrscheinlichkeit einer Manifestation.
Typ-1-Diabetes: Vererbung selten, aber möglich
Ist bei Ihren Elternteilen kein Diabetes diagnostiziert, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 0,3 Prozent, dass Sie selbst an der Krankheit leiden. Doch auch das Risiko einer Vererbung ist bei Typ-1-Diabetiker*innen sehr gering.
Ist ein Elternteil von Ihnen an Typ 1 erkrankt, liegt die Wahrscheinlichkeit einer Vererbung zwischen zwei und sieben Prozent. Sind Ihre Mutter und Ihr Vater betroffen, liegt das Risiko – abhängig von Studie und Quelle – zwischen vier und dreißig Prozent.
Diabetes Typ 2: Vererbung und Risiko
Bei Diabetes Typ 2 besitzt die Vererbung eine deutlich größere Bedeutung für das Risiko einer Erkrankung. Ist eines Ihrer Elternteile Diabetiker*in, liegt die Wahrscheinlichkeit einer Weitergabe an die nachfolgende Generation zwischen 25 und 50 Prozent. Sind beide Elternteile betroffen, erhöht sich das Risiko auf bis zu 80 Prozent.
Bei etwa 25 Prozent der europäischen Bevölkerung ist die Insulinresistenz genetisch determiniert. Tatsächlich erkrankt sind jedoch nur zwischen sechs und acht Prozent. Verantwortlich für diese Divergenz sind diabetogene Umweltfaktoren, die beeinflussen, ob sich die Krankheit tatsächlich manifestiert.
Ist das Glucose-Angebot im Körper über einen langen Zeitraum zu groß, kann das System für den Stoffwechsel – einfach gesprochen – verschleißen. Das bedeutet: Bei Ihren Eltern wurde die Stoffwechselstörung möglicherweise durch ungesunde Ernährung ausgelöst und dann an Sie als Nachkommen weitervererbt. Studien an Mäusen zeigten, dass das mütterliche Erbe einen größeren Einfluss auf das Risiko einer Vererbung besitzt.
Wird eine erworbene Stoffwechselstörung an die nächste Generation weitergegeben, erfolgt dies nicht direkt über die Gene, sondern über epigenetische Mechanismen. Dabei ist nicht der tatsächliche DNA-Code betroffen, sondern die Regulation verschiedener Gene. Der wichtigste Unterschied zur genetischen Weitergabe ist die Reversibilität.
Ist Diabetes übertragbar?
Sowohl statistische als auch theoretische Kenntnisse der Medizin führen zu dem Schluss, dass bei einer vorliegenden Diabeteserkrankung keine Ansteckungsgefahr besteht. Dies haben Untersuchungen von Diabetes bei Ehepaaren ergeben.
Ist einer der Partner*innen an Diabetes erkrankt, folgte – abhängig von der jeweiligen Studie – bei ein bis knapp vier Prozent die Diagnose auch beim anderen Ehepartner. Laut dem aktuellen medizinischen Wissensstand ergibt sich dieser Zusammenhang jedoch nur durch ähnliche Lebensumstände und Ernährungsweisen. Eine Übertragung ohne genetischen Austausch wird ausgeschlossen.
Quellen
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