Die Verbindung zwischen Diabetes und Darmkrebs entfaltet sich wie ein fesselndes Schauspiel. Doch dieses Gesundheitskapitel wird noch komplexer, denn Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) tragen ein zusätzliches Risiko. Eine aktuelle Studie[1] aus Israel hat die verborgenen Risikofaktoren für Morbus Crohn und Colitis ulcerosa erkundet und dabei faszinierende, wenn auch beunruhigende, Erkenntnisse geliefert.
Die unsichtbare Bedrohung für Diabetiker
Menschen mit Diabetes tragen nicht nur die Last dieser Erkrankung, sondern stehen auch vor einem zusätzlichen Risiko, das sich im Verborgenen hält – Darmkrebs. Die aktuellen Forschungsergebnisse enthüllen, dass das Darmkrebsrisiko bei Diabetikern tatsächlich doppelt so hoch ist. Dieses Risiko bleibt häufig unbemerkt, da es im Schatten der Diabeteserkrankung lauert, und wird erst erkannt, wenn es bereits zu spät ist. Deswegen wird dazu geraten, regelmäßig zur Vorsorge zu gehen.
Das Drama der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen
Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, stehen vor einem doppelten Risiko. Die tiefgehende Analyse von Patientendaten aus Israel zeigt, dass diese Gruppe ein höheres Darmkrebsrisiko hat als die Allgemeinbevölkerung. Für die CED mehren sich die Hinweise, dass besonders die westliche Ernährung bei genetischer Prädisposition über eine Veränderung des Darmmikrobioms und eine Beeinträchtigung der epithelialen Barrierefunktion ein proinflammatorisches Milieu im Darm auslösen kann.[2] Aber auch Faktoren wie Alter und Nikotinkonsum sind wichtige Faktoren.
Früherkennung als Schlüssel zum Schutz
Die Studie wirft Licht auf die unsichtbaren Faktoren, die das Darmkrebsrisiko bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen beeinflussen. Primär sklerosierende Cholangitis, Glukokortikoidbehandlung und sogar Diabetes mellitus spielen eine entscheidende Rolle. Angesichts dieser bedenklichen Zusammenhänge lässt sich an Diabetiker und Menschen mit CED appellieren, die verfügbaren Früherkennungsmöglichkeiten zu nutzen. In dieser Studie wird die Dringlichkeit eines risikoangepassten Darmkrebsscreenings verdeutlicht, insbesondere bei Hochrisikogruppen. In Deutschland haben gesetzlich versicherte Frauen und Männer ab 50 Jahren Anspruch auf Darmkrebsfrüherkennungsuntersuchungen – welche sie nutzen sollten.
Ein doppelter Schatten, der erhellt werden muss
Die Erkenntnisse aus dieser Studie sind nicht nur faszinierend, sondern werfen auch ein dringend benötigtes Licht auf die unsichtbare Bedrohung von Diabetes und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Es wird immer wichtiger, dass Patienten und Ärzte gleichermaßen diese Risiken erkennen und proaktiv angehen. Denn im Schatten von Diabetes und CED lauert ein doppelter Schatten namens Darmkrebs – eine Herausforderung, die es zu erhellen und zu bewältigen gilt.
Diabetes als Risikofaktor: Neue Erkenntnisse und Herausforderungen
Forscher haben Daten von mehreren Personen analysiert, um das Darmkrebsrisiko bei Diabetikern zu quantifizieren.[3] Dabei haben sich bisherige Vermutungen bestätigen lassen: Das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, steigt bei Diabetikern an, sowie wie bei Personen mit familiärer Vorbelastung. Besonders alarmierend ist die Tatsache, dass Diabetiker ein erhöhtes Risiko haben, bereits vor dem 50. Lebensjahr von dieser heimtückischen Krebserkrankung betroffen zu sein.
Dr. Mahdi Fallah, Leiter der Gruppe Risikoadaptierte Prävention am DKFZ und NCT Heidelberg, erklärt: „Bisher galt Diabetes nicht als anerkannter Risikofaktor für frühe Darmkrebserkrankungen, und der Zusammenhang zwischen Diabetes und familiärem Darmkrebsrisiko war noch weitgehend unbekannt.“[4]
Ein Blick in die Daten
Die Auswertung der schwedischer Daten, in Zusammenarbeit mit der Universität Lund, zeigte, dass das Darmkrebsrisiko bei Diabetikern in allen Altersgruppen signifikant erhöht war. Interessanterweise war das Risiko bei Diabetikern ohne familiäre Vorbelastung ähnlich hoch wie bei familiär vorbelasteten Nicht-Diabetikern. Doch Diabetiker mit Verwandten ersten Grades, die an Darmkrebs erkrankt waren, hatten ein siebenfach erhöhtes Risiko, bereits unter 50 Jahren selbst von Darmkrebs betroffen zu sein.
Die Erkenntnisse aus dieser Studie belegen die Zuckerstoffwechselstörung als bedeutsamen Risikofaktor für Darmkrebs und unterstreichen die Notwendigkeit eines frühzeitigen Darmkrebsscreenings bei Diabetikern.
Neben regelmäßigen Vorsorgeterminen ist es auch von erheblicher Bedeutung, sich ein Bild vom eigenen Körper und Symptomen zu machen. Denn so sind sie, in Verbindung mit den ärztlichen Vorsorgen, bestens im Bilde.
Quellen
Schlesinger S et al. Prediabetes and risk of mortality, diabetes-related complications and comorbidities: umbrella review of meta-analyses of prospective studies. In: Diabetologia (2022) 65: 275-285. https://doi.org/10.1007/s00125-021-05592-3, zuletzt abgerufen am 30.01.2024.
Vigneri, P. et al.: Diabetes and cancer. In: Endocr Relat Cancer, 2009, 16: 1103-1123, zuletzt abgerufen am 30.01.2024.
Wang, C. et al.: Increased risk of hepatocellular carcinoma in patients with diabetes mellitus: a systematic review and meta-analysis of cohort studies. In: Int J Cancer, 2012, 130: 1639-1648, zuletzt abgerufen am 30.01.2024.
Zhao, H. et al.: Sulfonylurea and Cancer Risk Among Patients With Type 2 Diabetes: A Population-Based Cohort Study. In: Front Endocrinol (Lausanne), 2022, 13: 874344, zuletzt abgerufen am 30.01.2024.
Zhong, W. et al.: Daily insulin dose and cancer risk among patients with type 1 diabetes. In: JAMA Oncology, 2022, 8: 1356-1358, zuletzt abgerufen am 30.01.2024.
Zhu, B. et al.: The relationship between diabetes mellitus and cancers and its underlying mechanisms. In: Front Endocrinol, 2022, 13: 800995 zuletzt abgerufen am 30.01.2024.
Fußnoten
[1] Abu-Freha N, Cohen B, Gordon M, Weissmann S, Kestenbaum EH, Vosko S, Abu-Tailakh M, Ben-Shoshan L, Cohen DL and Shirin H (2023) Colorectal cancer among inflammatory bowel disease patients: risk factors and prevalence compared to the general population. Front. Med. 10:1225616. doi: 10.3389/fmed.2023.1225616
[2]Khalili H, Chan SSM, Lochhead P, et al.: The role of diet in the aetiopathogenesis of inflammatory bowel disease. Nat Rev Gastroenterol Hepatol 2018; 15: 525–35.
[3] Abu-Freha N, Cohen B, Gordon M, Weissmann S, Kestenbaum EH, Vosko S, Abu-Tailakh M, Ben-Shoshan L, Cohen DL and Shirin H (2023) Colorectal cancer among inflammatory bowel disease patients: risk factors and prevalence compared to the general population. Front. Med. 10:1225616. doi: 10.3389/fmed.2023.1225616, zuletzt abgerufen am 30.01.2024.
[4] Khan UA, Fallah M, Tian Y, et al.: Personal history of diabetes as important as family history of colorectal cancer for risk of colorectal cancer: a nationwide cohort study. Am J Gastroenterol 2020; 00: 1 7. https://doi.org/10.14309/ajg.0000000000000669, zuletzt abgerufen am 30.01.2024.